„Nicht an der Schule verzweifeln“

Team_der_Schulberatung_Siegen
Das Team der Schulberatung um Leiterin Beate Schwagmaier (vorne Mitte) – von hinten rechts: Andreas Trägner, Alexandra Würtz, Heike Büchner, Cornelia Möller, Heike Häming, Jutta Andreas, Beate Dreifert, Carina Materna, Nicole Kettermann, Daniela Wabnitz (v.l.) und Birgit Saßmannshausen (v.r.).

Die Regionale Schulberatung bietet seit 40 Jahren Hilfe für Schüler, Eltern und Lehrkräfte

Leon ist elf Jahre. Er besucht die vierte Klasse einer Siegener Grundschule. Leon ist ein cleveres Kind und eigentlich geht er auch gerne in die Schule. Zwar ist er in Deutsch schwach, doch Mathe macht er gerne … wenn nicht die Textaufgaben wären. Er leidet unter einer Lese-Rechtschreib-Schwäche. Er übt intensiv, doch beim nächsten Diktat passieren wieder die gleichen Fehler. Das ärgert Leon. Viele seiner Lehrer betrachten ihn als hoffnungslosen Fall. Zuhause hat er keine Lust zu lernen, in der Schule fangen die Mitschüler an ihn zu hänseln. Leon zieht sich immer mehr zurück – und entwickelt erst Symptome einer Depression.

Leon ist kein Einzelfall. Für seine und andere Situationen, in denen Schüler und Eltern Rat und Unterstützung bei Schwierigkeiten in der Schule brauchen, gibt es Schulberatungsstellen. In Siegen wurde vor 40 Jahren die erste Regionale Schulberatungsstelle gegründet, die vom Land  Nordrhein-Westfalen und einem Kreis gemeinsam getragen wird. Dieses Jubiläum würdigt der Kreis Siegen-Wittgenstein jetzt mit einer Feierstunde und einer Fortbildungsveranstaltung für Fachpublikum am 21. und 22. Mai.

Mittlerweile arbeiten vier Schulpsychologinnen und Schulpsychologen in der Schulberatungsstelle des Kreises Siegen-Wittgenstein. Erst im Herbst 2013 hatte der Kreis Siegen-Wittgenstein die vierte Stelle für eine kommunale Schulpsychologin geschaffen. Zum Team gehören aber auch seit vielen Jahren Sozialpädagogen und Beratungs-Lehrkräften, die eng mit der Beratungsstelle zusammenarbeiten. „Damit ist die Siegener Einrichtung eine der wenigen im Land, die mit einem multiprofessionellen Team arbeitet“, betont Beate Schwagmaier, Schulpsychologin und Leiterin der Schulberatung, und verbindet das mit einem Dank an die zahlreichen Partner: „Die Arbeit wäre ohne eine enge Vernetzung mit anderen Beratungsangeboten im Kreis nicht denkbar“, betont Schwagmaier.

„Viele Kinder sind in ihrem Lernen in der Schule beeinträchtigt“, erlebt Beate Schwagmaier in ihrem Arbeitsalltag. Das können Störungen beim Schreiben, Lesen oder Rechnen sein – oder auch Aufmerksamkeitsdefizite. Manchmal können Kinder ihr Verhalten nicht angemessen kontrollieren und nerven und provozieren damit Lehrer und Mitschüler. Andere drangsalieren Mitschüler mit Absicht – auf Neudeutsch heißt das „Mobbing“. Als „Cybermobbing“ über Internet und Handy hat dieses Verhalten in den letzten Jahren massiv zugenommen.

Andere Kinder leiden unter den Trennungen ihrer Eltern oder in Extremfällen unter Gewalterfahrungen und Misshandlungen.

Auch Fragen zur Schullaufbahn und zur Abklärung von besonderen Begabungen sind immer wieder Anlass, die Schulberatung aufzusuchen.

Diplom-Psychologin Beate Schwagmaier ist seit 18 Jahren dabei. Sie kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als es die Schulpsychologie zwar schon gab, diese aber in der Öffentlichkeit weniger wahr genommen und beachtet wurde. Doch die tragischen Amokläufe an Schulen führten dazu, dass sich das änderte. Das Schulministerium wies den Beratungsstellen neue Aufgabenfelder zu. Zur Beratung im Einzelfall kamen die Schulentwicklung und die Ausbildung von Lehrkräften hinzu. In Siegen-Wittgenstein führte  das im Jahr 2008 zur personellen Aufstockung und zur Einrichtung einer Außenstelle im „Kleinen Kreishaus“ in Bad Berleburg.

„Unsere Arbeit hat sich in den letzten Jahren stark verändert“, resümiert Beate Schwagmaier. Die Einzelberatung von Schülern und deren Eltern ist nur noch ein Teil des Aufgabenspektrums. Im Alltag steht oftmals die Beratung von Lehrern im Vordergrund, telefonisch oder nachmittags in der Schule im Kreise des Kollegiums. Denn auch für die Lehrer hat sich die Schule enorm verändert: „Nicht zuletzt durch die inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Handicaps ist der Anspruch an guten Unterricht deutlich gestiegen. Viele Lehrinnen und Lehrer sind bemüht, ihren Unterricht an die veränderten Anforderungen anzupassen und brauchen dabei Unterstützung“, erlebt Schwagmaier.

Als dritte Säule im Angebotsspektrum der Schulberatungsstelle haben sich Fortbildungsmaßnahmen etabliert. Dazu gehört die Gestaltung Pädagogischer Tage, an denen eine Schule sich Gedanken zu ihrer konzeptionellen Ausrichtung macht. Dazu gehören aber auch regelmäßige Ausbildungsangebote zu Themen wie Leserechtschreibschwäche, Rechenschwäche, zur Krisenbewältigung, oder auch zur Ausbildung von Beratungslehrern.

In Siegen befinden sich die Büros der Schulberatung im Servicecenter für Beratung und Prävention des Kreises am Bismarckplatz in Weidenau. Hier können sich ratsuchende Schüler und ihre Eltern telefonisch (0271 333-2730), per E-Mail (schulberatung@siegen-wittgenstein.de) oder auch persönlich anmelden.

„Da unsere Beratungsstelle gut bekannt ist, können wir den vielen Anfragen nur mit Mühen gerecht werden“, sagt die Leiterin der Schulberatungsstelle mit einem weinenden und einem lachenden Auge.

Quelle: Stadt Siegen

 

 

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