Kindesmissbrauch auch in der Region keine Ausnahme

Trauriges Mädchen

Dramen vor der Haustür: Ärztliche Beratungsstelle* sowie Kinderschutzgruppe an Kinderklinik müssen bundesweiten Trend leider bestätigen

Die Anfang Juni vorgestellte Bilanz des Vorsitzenden der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, zur offiziellen Statistik für 2013, laut der „die Gewalt gegen Kinder in Deutschland immer noch trauriger Alltag ist“, sollte zu denken geben. Nach den Angaben der Deutschen Kinderhilfe wurden im vergangenen Jahr täglich etwa 40 Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs – insgesamt registrierte man deutschlandweit 14.877 Taten in 2013. Dies entspricht einem leichten Rückgang von 1,8 Prozent gegenüber 2012. Grund für Entwarnung sind die leicht sinkenden Zahlen allerdings aber auch aus Sicht der ermittelnden Behörden nicht: „Jeder einzelne Fall von Gewalt an Kindern ist eine Tragödie“, sagte BKA-Chef Jörg Ziercke. Nicht zuletzt, weil sexuelle Gewalt für die Betroffenen oft ein lebenslanges Trauma bedeutet.

Doch wie sieht es bei uns in der Region aus? Antje Maaß-Quast von der Ärztlichen Beratungsstelle gegen Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern und Jugendlichen e.V. sowie ihr Kollege, Kinder- und Jugendmediziner Thomas Götze von der Kinderschutzgruppe an der DRK-Kinderklinik Siegen, sehen sich bald jeden zweiten Tag mit den Problematiken konfrontiert. So nahmen 2013 exakt 100 Familien das Angebot der Ärztlichen Beratungsstelle in Anspruch. Die Familien mit Beratungsbedarf kamen überwiegend aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein (39 %) und der Stadt Siegen (27 %). Aber auch Familien aus Olpe (16 %), Altenkirchen (6 %) und den weiteren umliegenden Kreisen wurden von den Fachkräften der Beratungsstelle an der DRK Kinderklinik Siegen 2013 umfassend betreut. 75 % der Beratungen kamen Mädchen und junge Frauen zugute, was im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg darstellt. Von den 19 Fällen, die über die Kinderschutzgruppe gemeldet wurden, mussten gar 7 Kinder in Obhut genommen werden. Wesentliche Vorstellungsgründe (57 %) waren im Bereich der Misshandlungssyndrome (Sexueller Missbrauch, Kindesmisshandlung, Vernachlässigung) zu finden. Familiäre Probleme und häusliche Gewalt mit 12 % sind 2013 ebenfalls zum Vorjahr angestiegen. In 2014 sind bislang leider bereits 13 Fälle zu verzeichnen.

Geben Familien Rat: Antje Maaß-Quast von der Ärztlichen Beratungsstelle gegen Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern und Jugendlichen e.V. sowie ihr Kollege, Kinder- und Jugendmediziner Thomas Götze von der Kinderschutzgruppe an der DRK-Kinderklinik Siegen.
Geben Familien Rat: Antje Maaß-Quast von der Ärztlichen Beratungsstelle gegen Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern und Jugendlichen e.V. sowie ihr Kollege, Kinder- und Jugendmediziner Thomas Götze von der Kinderschutzgruppe an der DRK-Kinderklinik Siegen.

Die Arbeit der Einrichtungen und deren Mitarbeiter gestaltete sich 2013 nach einer Neuorientierung in Folge der Neubesetzung vieler Schlüsselpositionen sehr breit und umfassend. Neben der Betreuung der Betroffenen muss natürlich ein schnell helfendes Netzwerk aufgebaut werden, denn es gilt, möglichst viele Institutionen und Stellen für eine effektive Hilfe einzuschalten. Dazu gehören Schulen, Soziale Dienste, der ASD und RSD, aber auch durchaus die Justizbehörden sowie niedergelassene Ärzte und Therapeuten.

Dramen-Haustuer-Puppe

Da die meisten Straftaten gegenüber Kindern nach wie vor im privaten Bereich fern ab der Öffentlichkeit stattfinden, gibt es natürlich eine hohe Dunkelziffer. Entgegenwirken lasse sich häuslichem Missbrauch vor allem durch Prävention. Daher bieten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Wege ihre Dienste an, die aus telefonischer und persönlicher Beratung, psychologischer Einzelbetreuung sowie Information und Fortbildung bestehen. An die Institutionen können sich Kinder und Jugendliche wenden, die Kummer und Sorgen haben, Eltern finden Unterstützung bei Überforderung, aber auch professionelle Helfer finden fachliche Unterstützung im Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen. Dabei stellt Antje Maaß-Quast ganz klar: „Was wir besprechen, bleibt vertraulich und unterliegt der Schweigepflicht. Unsere Gesprächs- und Therapieangebote sind dem Grundsatz „Hilfe statt Strafe“ verpflichtet und erfolgen kostenlos.“ Daher freuen sich die

Einrichtungen natürlich auch über Spenden aus der Bevölkerung oder von Unternehmen, um diese so wichtige Arbeit auch in Zukunft sicherstellen zu können.

 *[gegen Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern und Jugendlichen e.V.]

Quelle/Foto:
DRK Kinderklinik/© pegbes – Fotolia.com

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