Die langfristige und lückenlose Überwachung von Patienten nach einem Schlaganfall unbekannter Ursache liefert in vielen Fällen Hinweise auf ein zugrunde liegendes Vorhofflimmern. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung, die nun veröffentlicht und auch in Siegen kommentiert wurde. Durch einen unter die Haut implantierten Eventrecorder konnte im ersten Halbjahr nach dem Schlaganfall bei sechs Mal mehr Patienten ein Vorhofflimmern nachgewiesen werden als bei der konventionellen Überwachung mit Standard. Die Studie zeigt, dass eine relevante Zahl von Patienten mit kryptogenen Schlaganfällen unter Vorhofflimmern leidet oder dieses später entwickelt. Daher sollte bei einem Embolie-verdächtigen Schlaganfallmuster, bei denen die Quelle der Embolie aber nicht gesichert werden kann, die Implantation eines Aufzeichnungsgerätes erwogen werden, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Der ischämische Schlaganfall ist weltweit eine der häufigsten Ursachen für Behinderung und Tod – in bis zu 30 Prozent der Fälle bleibt die Ursache ungeklärt, dann wird er als kryptogener Schlaganfall bezeichnet. Ein internationales Team von Neurologen und Kardiologen mit deutscher Beteiligung hat nun erneut dazu beigetragen, die Mechanismen aufzuklären, die diesem kryptogenen Schlaganfall zugrunde liegen. Im Rahmen einer Studie konnte mit einem implantierbaren Ereignisrekorder (ICM, Insertible Cardiac Monitor) innerhalb eines Jahres bei etwa jedem zehnten Patienten nach solchen Insulten mit a priori unbekannter Ursache Vorhofflimmern nachgewiesen werden.
EKG versus Eventrecorder
Gemäß den aktuellen Leitlinien sollte von Patienten nach einem ischämischen Schlaganfall mindestens 24 Stunden lang ein Elektrokardiogramm abgeleitet werden, um ein Vorhofflimmern auszuschließen, erläutern die Autoren der Studie. Die optimale Dauer und Art der Überwachung ist aber noch nicht bekannt, daher wurde das Standardverfahren mit einem Ereignisrekorder verglichen, der nach dem Zufallsprinzip bei jedem zweiten Teilnehmer mit einem ambulanten Eingriff eingepflanzt wurde. Voraussetzung war, dass eine Überwachung per EKG in den ersten 24 Stunden keine Hinweise auf Vorhofflimmern ergeben hatte. Erst danach wurde – spätestens 90 Tage nach dem Schlaganfall – der Ereignisrekorder implantiert. Die Auswertung der Ereignisrekorder-Aufzeichnungen wurde sowohl für sechs, als auch für zwölf Monate durchgeführt und mit den Befunden aus der routinemäßigen Überwachung verglichen. Ein Vorhofflimmern von mindestens 30 Sekunden Dauer fand sich dabei im ersten halben Jahr per Ereignisrekorder bei 8,9 Prozent der Patienten, gegenüber nur 1,4 Prozent in der Kontrollgruppe. Auch im zweiten Halbjahr konnten mit dem ICM zusätzliche Fälle von Vorhofflimmern dokumentiert werden: Die Rate betrug nun über 12 Monate 12,4 Prozent, gegenüber nur 2,0 Prozent in der Kontrollgruppe. Dieser Trend setzte sich mit längerer Beobachtungszeit fort. Unter den verbleibenden 48 Patienten, die für die Aufzeichnungen über drei Jahre gewonnen worden waren, wies der ICM ein Vorhofflimmern bei 30 Prozent nach, während es in der Kontrollgruppe lediglich 3 Prozent waren.
„Erstaunlich ist, dass in dieser Studie vier von fünf (79 %) Patienten die jeweils erste Episode des Vorhofflimmerns nicht bemerkt haben“, erläutert Prof. Dr. med. Martin Grond, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Kreisklinikum Siegen, der vor Kurzem auf dem Gebiet der Erkennung von kryptogenen Schlaganfällen durch Langzeit-EKG eine Studie durchgeführt hat.
Text: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, bearbeitet von doqtor Foto: EKG © psdesign1 – Fotolia.com