Bis zu 20% der Bevölkerung leiden an Sodbrennen. Treten die Beschwerden in einer Häufigkeit auf, welche das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen, oder ist mit einer Organkomplikation zu rechnen, spricht man von einer „Refluxkrankheit“. Ursächlich hierfür ist in der Regel eine unnatürliche Säurebelastung der Speiseröhre aufgrund einer gestörten Barrierefunktion im Bereich des Mageneingangs. Das klinische Bild der Refluxkrankheit ist vielfältig. Neben den klassischen Symptomen Sodbrennen und Schmerz hinter dem Brustbein können auch Beschwerden wie Asthma, chronischerer Husten und Heiserkeit als Folge der Refluxerkrankung auftreten. Im schlimmsten Fall kann sich auch als Folge eines langjährigen Refluxes Speiseröhrenkrebs bilden. Diese Erkrankung ist von steigender Häufigkeit. Der allgemeine Lebensstil wird hierfür in erster Linie angeschuldigt.
Häufig kann die Diagnose rasch gestellt werden. Insbesondere bei atypischen Symptomen ist aber die Diagnostik erschwert. Hier muss die klinische Expertise durch differenzierten Einsatz von apparativer Diagnostik ergänzt werden. Darüber hinaus gibt es nicht selten Probleme bei der Behandlung.
Das jetzt gegründete Reflux-Zentrum Siegerland, das vom Diakonie-Klinikum Siegen und dem St. Marien-Krankenhaus Siegen betrieben wird, trägt dieser Problematik Rechnung. Spezialisten für die Diagnostik, konservative und operative Therapie haben sich zusammengeschlossen, um für Problemfälle gemeinsam Lösungen aufzuzeigen.
Symptome
Bei vielen Menschen fließt häufig oder vergleichsweise viel Mageninhalt in die Speiseröhre zurück. Von einer Refluxkrankheit spricht man dann, wenn dieser Rückfluss dazu führt, dass Symptome wie Sodbrennen oder saures Aufstoßen auftreten, die die Lebensqualität beeinträchtigen und/oder die Speiseröhre verätzen.
Sodbrennen äußert sich als brennendes Gefühl, das vom Oberbauch oder aus der Region hinter dem Brustbein nach oben Richtung Hals strahlt. Neben saurem Aufstoßen und Sodbrennen kann eine Refluxkrankheit auch mit Schluckbeschwerden einhergehen. Weitere mögliche Beschwerden sind ein Schmerzen im Oberbauch, Brennen im Rachen, ein schlechter Geschmack im Mund und Schlafstörungen. Betroffene verspüren oft ein starkes Völlegefühl, teilweise auch Übelkeit und Brechreiz.
Reflux-Beschwerden bedeuten nicht immer, dass die Speiseröhre entzündet ist. Bei bis zu zwei von drei Personen mit Reflux-Symptomen ist die Schleimhaut der Speiseröhre bei der Spiegelung nicht verändert. Dies führt oft zu Fehldiagnosen.
Bei Reflux können auch Beschwerden auftreten, die zunächst nicht mit der Erkrankung in Verbindung gebracht werden. So kann der zurücklaufende Magensaft Husten auslösen oder den Zahnschmelz angreifen. Zu solchen untypischen Beschwerden von Reflux und Sodbrennen gehören auch Brustschmerzen, Asthma, und eine Kehlkopfentzündung.
Diagnostik
Die Diagnose einer Refluxerkrankung kann schwierig sein, da ähnliche Symptome auch bei anderen Krankheiten auftreten können und bei der Spiegelung (Endoskopie) in vielen Fällen keine Veränderungen der Schleimhaut zu erkennen sind.
Endoskopie: Die Diagnose einer Refluxerkrankung kann eindeutig gestellt werden, wenn typische Veränderungen der Schleimhaut (Refluxösophagitis) nachweisbar sind. Sie dient darüber hinaus dem Ausschluss bzw. Nachweis anderer Ursachen der Symptome und von Schleimhautveränderungen, die mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen (sog. Barrett-Ösophagus). Bei vielen Patienten ist es zusätzlich notwendig, Proben (Biopsien) im Bereich der Speiseröhre und des Magens zu entnehmen, die dann von einem spezialisierten Pathologen untersucht werden.
pH-Metrie und Impedanzmessung: Ist die Endoskopie nicht richtungweisend, so kann Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre mittels einer Impedanzmessung nachgewiesen werden. Mit der pH-Metrie erfasst man nur sauren Rückfluss. Die beste Methode ist der kombinierte Einsatz dieser beiden Verfahren in einem Arbeitsgang (Impedanz-pH-Metrie). Für diese Messung wird dem Patienten durch die Nase ein Katheter in die Speiseröhre gelegt. Als Alternative für den alleinigen Säurereflux gibt es ein katheterfreies System, bei dem ein pH-Sensor in der Speiseröhre endoskopisch befestigt wird und die Messwerte kabellos auf einen Recorder sendet. Im Reflux-Zentrum Siegerland kommen beide Methoden je nach Fragestellung zur Anwendung.
Ösophagusmanometrie: Manchmal liegt die Ursache der Beschwerden an einer Störung des Bewegungsablaufes der Speiseröhre (Motilitätsstörung). Im Reflux-Zentrum Siegerland steht eine hochauflösende Manometrie zur Verfügung. Hier werden an mehreren Punkten gleichzeitig die Druckveränderungen während des Schluckaktes gemessen und so feinste Störungen graphisch dargestellt und analysiert. Diese Untersuchung wird unter örtlicher Betäubung des Nasen-/Rachenraumes durchgeführt. Der Messkatheter ist nur wenige Millimeter dick und kann meist problemlos am sitzenden Patienten eingeführt werden.
Röntgen-Breischluck: Diese röntgenologische Darstellung dient vor allem dem Nachweis von Veränderungen, die mit der Endoskopie nicht oder nur schwer zugänglich sind. Hierzu werden Aufnahmen mit Videoaufzeichnung durchgeführt. Das Schlucken des breiigen Kontrastmittels ist notwendig, weil sich die Hohlräume der Speisewege selbst auf dem Röntgenbild nicht darstellen lassen. Geachtet wird hier auf Aussackungen oder Verengungen der Speiseröhre, Störungen des Bewegungsablaufes, Rückfluss oder Zwerchfellbrüche.
Sonstige Verfahren: Ergänzend kommen bei komplexen Krankheitsbildern kommen weitere Methoden wie z.B. die Magenentleerungsmessung zum Einsatz. In Einzelfällen werden spezielle Atemteste und MRT-Untersuchungen eingesetzt, die dann mit Ihnen besprochen werden.
Therapie
Konservative Therapie: Die Umstellung bzw. Anpassung der Lebensgewohnheiten (z.B. Oberkörperhochlagerung nach dem Essen oder nachts, Gewichtsreduktion, Vermeiden unverträglicher Speisen oder Getränke, Nikotinverzicht, Vermeiden enger Kleidung) ist eine Möglichkeit der konservativen Behandlung. Aus diesem Grund gehört eine Ernährungs- und Lifstyle-Beratung mit zum Behandlungskonzept. Die medikamentöse Therapie zur Einschränkung der Säureproduktion im Magen durch sogenannte Protonenpumpeninhibitoren ist heute ein sehr erfolgreiches Therapiekonzept. Einige Patienten bedürfen einer lebenslangen, dauerhaften Medikamenteneinnahme. Sie sind meist gut verträglich und nebenwirkungsarm.
Operative Therapie: Die operative Behandlung besteht in der Beseitigung des Zwerchfellbruches sowie der Herstellung des intakten Verschlussmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen. Dies wird heute mittels minimal invasiver Techniken (Laparoskopische Verfahren) durchgeführt. Hierbei wird eine Manschette, bestehend aus Teilen der Magenwand locker um die Speiseröhre herumgeführt und mit Nähten am Zwerchfell befestigt.
Die meisten Patienten sind anschließend dauerhaft beschwerdefrei. Für die erfolgreiche Behandlung ist neben der besonderen Expertise des Chirurgen die gute Auswahl der für diese Verfahren in Frage kommenden Patienten wichtig, was nur durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen möglich ist.
Die Forschung hat in den letzten Jahren neue medikamentöse und operative Behandlungsmöglichkeiten hervorgebracht, die insbesondere für Patienten wichtig sind, die mit den bisherigen Methoden nicht zufrieden stellend behandelt werden können. Als Beispiele seien hier die Behandlung der in der Krankheitsentstehung bedeutenden Säuretasche durch Alginate und die elektrische Stimulation des Schließmuskels zwischen Speiseröhre und Magen (EndoStim) genannt. Darüber hinaus kann die schwerwiegendste Komplikation der Refluxkrankheit – der Krebs in der unteren Speiseröhre – bei rechtzeitiger Entdeckung endoskopisch (im Rahmen der Spiegelung) entfernt werden. Ebenso ist heute eine Beseitigung der krebsbegünstigenden Barrett-Schleimhaut durch Radiofrequenzablation auf endoskopischem Weg möglich.
Quelle: reflux-zentrum.de
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