Am Leben, aber manchmal ohne Job, ohne Geld und schmerzgeplagt: Auch wenn schwere Unfälle heute im Vergleich zu früher nur noch halb so oft tödlich enden, leidet die Lebensqualität der Betroffenen regelmäßig erheblich. Knapp ein Drittel der Schwerverletzten kann den bisherigen Job nicht mehr ausüben. Gut 60 Prozent leiden auch zwei Jahre nach dem Ereignis noch an dauerhaften Schmerzen, 30 Prozent klagen über psychische Probleme.
„Es reicht bei Weitem nicht aus, das Überleben zu sichern, vielmehr müssen wir auch alles tun, um die Lebensqualität wiederherzustellen“, so das Kondensat aus einer Diskusssionsrunde, die doqtor mit hiesigen Unfallchirurgen geführt hat. Es wurde das Beispiel eines Musikers aufgeführt, der nach einem Motorradunfall schwere Verletzungen an Kopf, Bauch, Wirbelsäule und Oberarm erlitten hatte. Mehreren Operationen folgte eine – weitgehend erfolgreiche – Rehabilitation. Allerdings leidet der heute 33-Jährige seit dem Unfall an einer Hörstörung: Wie spätere Untersuchungen herausfanden, ist dies vermutlich auf eine Therapie mit Antibiotika zurückzuführen, die der Patient wegen einer Lungenentzündung in der Klinik bekam. Der ausgebildete Sänger kann deshalb nicht mehr in seinem Beruf tätig sein. Selbst die Teilnahme am Chorleben ist ihm nicht mehr möglich.
„Bei einer Behandlung müssen wir immer Nutzen und mögliche Folgen für den Patienten abwägen und sie auf seine spezifische Lebenssituation und Erfordernisse abstimmen“, erklären die Mediziner. „Der behandelnde Orthopäde und Unfallchirurg ist also nicht nur für den Notfall und die Wiederherstellung zuständig, sondern auch für die spätere Lebensqualität seines Patienten.“
Dies stützt auch eine aktuelle Studie. Die Befragten waren Opfer von schweren Verkehrsunfällen. Sie hatten dabei vor allem Verletzungen an Beinen, Brust, Arm- und Schulterbereich sowie am Kopf erlitten. Das Überleben stand bei ihrer Behandlung zunächst im Mittelpunkt. Die Studie besagt, dass zwei Drittel der Unfallopfer schwerer Ereignisse sich noch zwei Jahre nach dem Unfall in unterschiedlichen Lebensbereichen stark beeinträchtigt fühlen – von chronischen Schmerzen bis hin zu eingeschränkter Mobilität. Glücklicherweise konnten 70 Prozent in ihren früheren Beruf zurückkehren; 30 Prozent klagten jedoch über sozio-ökonomische Probleme. Ebenfalls knapp ein Drittel litt unter einer psychischen Beeinträchtigung. Die Mehrzahl der Unfallopfer musste nach dem ersten Krankenhausaufenthalt weitere Male stationär behandelt werden; 35 Prozent erhielten nach zwei Jahren immer noch Arzneien, die im Zusammenhang mit den Unfallverletzungen standen.
Eine positive Nachricht am Ende: Die Sterberate der schwerverletzten Unfallopfer hat sich in den letzten Jahren durch zahlreiche Initiativen wie beispielsweise die Schaffung von Traumazentren halbiert.
Autor: Christian Kreuzberg
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