Bakterien – von der Haut ins Gelenk

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Allein auf einer Fingerkuppe befinden sich bis zu 100 verschiedene Keime. Dort schaden sie ihrem Wirt – dem Menschen – nicht. In einer Operationswunde entwickeln sich die gleichen Mikroorganismen jedoch zum Infektionsrisiko. Beim Einsatz künstlicher Gelenke ist es daher notwendig, Patienten schon vor dem Eingriff einem Erreger-Screening zu unterziehen und Hygieneregeln in der Klinik strikt zu beachten. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik hin. Denn eine Infektion des Gelenks belastet den Patienten, verzögert den Heilungsprozess und erfordert mitunter eine oder mehrere erneute Gelenk-Operationen.

Von der Haut gelangen ständig Bakterien in das Körperinnere, beispielsweise beim Zähneputzen und Essen. Die körpereigene Abwehr fängt sie im Regelfall ab und verhindert eine Infektion. Zum Infektionsrisiko werden Bakterien dann, wenn sie von ihrem angestammten Platz an einen anderen Ort, beispielsweise vom Darm in die normalerweise keimfreie Harnblase, gelangen. Das gilt besonders dann, wenn die Anzahl der eingedrungenen Bakterien zu groß ist, um von der Abwehr abgefangen zu werden. „Künstliche Gelenke verfügen über keine Abwehr gegen Bakterien und damit können nur wenige davon eine Infektion auslösen, wenn sie an die Prothese gelangen“, erklärt Dr. med. Lars Frommelt. Da diese Besiedelung der Prothese bei der Implantation erfolgen kann, müssen Desinfektion, Antibiotikaprophylaxe, also krankenhaushygienische Maßnahmen erfolgen, um Bakterien daran zu hindern, die Prothese zu besiedeln, so der Experte im Vorfeld eines Forums in Hamburg. Ist es den Bakterien einmal gelungen, auf der Prothese Fuß zu fassen, bilden sie den sogenannten Biofilm, in dem sie geschützt vor Abwehr und Antibiotika sind und von dort aus eine Infektion des Knochens verursachen. Spätestens dann müsse das Gelenk operativ gereinigt oder getauscht werden.

„Die Haut wird trotz sorgfältiger Desinfektion nie völlig keimfrei sein, insbesondere, da bei einer Operation auch tiefere Hautschichten durchtrennt werden, in denen Desinfektionsmittel nicht wirksam sind. Von dort können Erreger in die Tiefe des Operationsgebietes gelangen“, so Professor Dr. med. Heiko Reichel. Die sorgfältigste Reinigung der Haut gehört unbedingt zur hygienischen Vorsorge bei einer Operation, um das Risiko einer Infektion zu reduzieren. „Wir empfehlen dringend, alle Patienten vor der OP einem Screening zu unterziehen, damit gefährliche Erreger bereits vor der Operation mit einem passenden Antibiotikum behandelt werden können“, ergänzt der Reichel.

Vor einer Operation muss zudem sicher gestellt sein, dass der Patient nicht unter Infektionen oder Entzündungen leidet und über eine ausreichend starke körpereigene Abwehr verfügt, so Reichel. Zum Ablauf vor dem Eingriff gehöre zwingend, dass Gelenkprothesen steril verpackt und vorbereitet sind. Im Operationsverlauf müsse das OP-Personal die Hygieneregeln der Klinik strikt einhalten. Dies erlaube einen sicheren Einsatz der Prothese und entlaste Menschen mit steifen, schmerzenden Gelenken dauerhaft und zuverlässig. „Außerdem gibt es vielversprechende Entwicklungen im Bereich der Oberflächen-beschichtung von Prothesen. Diese könnten künftig die Kolonisation der Bakterien direkt auf dem Kunstgelenk vermindern“, ergänzt Professor Dr. med. Carsten Perka.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik
Symbolbild: Fotolia.com

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