Knappschaftskrankenhaus ist Vorreiter im Ruhrgebiet bei der Behandlung von Hirnmetastasen mit Intrabeam-System
Als erste Klinik im Ruhrgebiet setzt die Neurochirurgische Klinik am Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum die intraoperative Strahlentherapie (IORT) zur Behandlung von Metastasen im Gehirn ein. Mit dem sogenannten Intrabeam wird während der Operation direkt nach der Entfernung des Tumors das Tumorbett mit weichen Röntgenstrahlen bestrahlt, sodass den Betroffenen in den meisten Fällen die nachgeschaltete Strahlentherapie erspart bleiben kann. Kurzum: Die Methode ist zielgerichteter, schonendender und zeitsparender.
„Die lokalen Hautverhältnisse werden dabei nicht in Mitleidenschaft gezogen. Und durch den Wegfall einer postoperativen Strahlen-Therapie muss der Betroffene auch weniger häufig in die Klinik. Das stellt eine enorme Erleichterung für unsere Patientinnen und Patienten dar und steigert die Lebensqualität“, sagt Professorin Dr. Kirsten Schmieder, Direktorin der Neurochirurgischen Klinik am UK Knappschaftskrankenhaus Bochum, die das neue Verfahren zur Behandlung von Hirnmetastasen einsetzt.
So wie bei einem 73-jährigen Patienten mit bekanntem, behandeltem Lungentumor. Als sich plötzlich Kopfschmerzen und Ungeschicklichkeiten der rechten Hand zeigten, wurden bei ihm drei Hirnmetastasen festgestellt. Die Größte lag an der Hirnoberfläche und war für die Beschwerden verantwortlich. Aufgrund der Lage, Größe und der bestehenden Hirnschwellung bestand eine gute Indikation zur Entfernung der Metastase mit nachfolgender lokaler Bestrahlung am offenen Gehirn mittels Intrabeam, denn nicht alle Tumore können damit behandelt werden. Wichtige Parameter sind die Lage im Gehirn, die Größe und Form des Tumors.
Nach dem Entfernen des Tumors platziert der Chirurg die Sonde der Strahlenquelle direkt in die durch die Tumorentfernung entstandene Höhle mit Kontakt zu den Rändern. Der Patient ist während dessen noch immer narkotisiert. Durch die intraoperative Anwendung wird das gewünschte Gewebe punktgenau bestrahlt, das gesunde, umliegende Gewebe und die Haut werden geschont – anders als bei einer sonst üblichen nachgeschalteten externen Strahlentherapie. Dann erfolgt der Wundverschluss.
Für die intraoperative Strahlentherapie ist die Zusammenarbeit mit einem Strahlentherapeuten und Strahlenphysiker unerlässlich. Sie kümmern sich präoperativ um die aufwendige und individualisierte, präzise auf den Tumor bezogene Planung der Bestrahlung, die dann während der Operation nach dem Platzieren der Sonde umgesetzt und überwacht wird. Dabei arbeitet Professorin Schmieder mit dem Strahlentherapeuten Professor Dr. Jan Boström vom Marien Hospital Herne und Leiter des Gamma-Knife Zentrums am UK Knappschaftskrankenhaus Bochum zusammen.
Bei der üblichen Strahlentherapie werden hauptsächlich Linearbeschleuniger und radioaktive Präparate als Strahlenquellen eingesetzt. Diese Methoden können jedoch nur mit räumlichen Strahlenschutzmaßnahmen (sog. „Bunker“) genutzt werden. Bei dem Intrabeam handelt es sich hingegen um einen Mini-Lineac (Linearbeschleuniger), der auf dem Stativ eines während der Operation eingesetzten Mikroskops montiert wird. Die zugehörige mobile Steuereinheit sorgt dafür, dass die gewählte Strahlendosis entsprechend der vorgegebenen Parameter gezielt abgegeben wird. Die Abschaltung des Systems erfolgt automatisch. Der technische Fortschritt liegt in der Miniaturisierung der Röntgenquelle, die gerade einmal 2 kg wiegt, und den Transport von Operationssaal zu Operationssaal ermöglicht – kompakt, schnell, einfach, mobil und ganz ohne bauliche Veränderungen.
Durch die Reduzierung der verwendeten Energie und Beschränkung der Strahlung auf ein kleines Volumen wird die Strahlung gezielt nach allen Richtungen hin gleich ausgebreitet und nur auf das betroffene Gewebe um das Tumorbett abgegeben. Das gesunde Gewebe wird geschont.
Bisher wird die intraoperative Strahlentherapie am Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus zur Behandlung von Hirnmetastasen eingesetzt. Im Rahmen einer Multicenter-Studie soll der Einsatz auch bei Patientinnen und Patienten mit hirneigenen Tumoren folgen. Die Behandlung von Metastasen in der Wirbelsäule/im Wirbelkörper ist ebenfalls möglich, aber erst in der Zukunft angedacht.
Quelle/Fotos: UK Knappschaftskrankenhaus Bochum