Die Sepsis, aus dem griechischen übersetzt: Fäulnis bzw. Verwesung, wird umgangssprachlich oft als eine – durch Bakterien verursachte – Blutvergiftung bezeichnet. Nach der klassischen Definition von Schottmüller (1914) liegt eine Sepsis immer erst dann vor, „wenn sich innerhalb des Körpers ein Entzündungsherd gebildet hat, von dem aus konstant oder periodisch krankmachende Keime in den Blutkreislauf gelangen“. Dieser Definition nach, lag der Nachweis von Keimen in der Blutbahn einer Sepsis zu Grunde.
Noch bis in die 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden Begriffe wie Sepsis und Blutvergiftung synonym verwand, bis 1992 auf einer Konsensuskonferenz unter der Leitung von Roger Bone eine neue Definition erarbeitet wurde. Dabei war die Definition der Sepsis unabhängig von dem Nachweis von Bakterien. Große klinische Sepsisstudien zeigen, dass Bakterien nicht vorhanden sein müssen, um an einer schweren Sepsis zu erkranken. Dabei ist auch die Prognose unabhängig vom Nachweis von Bakterien. Die Funktionsmechanismen (Pathophysiologie) der Sepsis selbst sind sehr komplex und bisher nur unvollständig verstanden. Es ist jedoch bekannt, dass die Sepsis unbehandelt in ein Multiorganversagen übergehen kann und nicht selten mit dem Tod endet.
Die Anzahl der Neuerkrankungen der Sepsis hat sich in den USA im Verlauf von Jahrzehnten auf etwa 3 pro 1000 Einwohner und Jahr gesteigert, wobei Frauen etwas seltener betroffen sind. Jährlich erkranken in Deutschland ca. 150.000 Menschen an einer Sepsis, die mit einer Sterblichkeit von bis zu 55,2 Prozent einhergeht. Durch eine zeitnahe und zielgerichtete Therapie – im New England Journal of Medicine mit dem Titel: „Early goal-directed therapy in the treatment of severe sepsis and septic shock“ 2001 erstmals von Emanuel Rivers 2001 beschrieben – kann die Sterblichkeit von Patienten mit einer schweren Sepsis deutlich reduziert werden.
Mittlerweile beschäftigen sich verschiedene Studien, wie beispielsweise die Surviving Sepsis Campaign, mit der Behandlung der Sepsis. Sie haben das Ziel durch standardisierte Verfahren die Sepsis frühzeitig zu erkennen, um zeitnah eine zielgerichtete Therapie einzuleiten und so die Sterblichkeit zu senken 910. Diskutiert werden dabei die aggressive Flüssigkeits- und frühe zielgerichtete Antibiotikatherapie. Ungeachtet der Bedeutung einer schnellen Identifikation und einem raschen Behandlungsbeginn von Patienten mit einer Sepsis, findet diese im Rettungsdienst bisher keine Beachtung, gehört nicht einmal zu den auf dem Notfallprotokoll aufgeführten Erkrankungen. Aufgrund der Häufigkeit und Schwere der Erkrankung muss man jedoch davon ausgehen, dass die erste medizinische Versorgung für viele Patienten mit einer Sepsis vom Rettungsdienst erfolgt.
So ist zu vermuten, dass in Zukunft die Behandlung der Sepsis in der Notfallmedizin immer mehr an Bedeutung gewinnen, und zu den Routineaufgaben eines Notarztes gehören wird.
Autor: Dr. med. Markus Gromnitza(Notarzt, Ärztlicher Leiter Notarzt-Standort Freudenberg) Fotos: Gerd Braas Literaturangaben:
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