Wenn Tabletten gegen Schmerzen nicht oder nicht mehr helfen

Schmerztabletten

Die Erforschung von Schmerzen und ihrer Behandlung hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht. Viele Details der Schmerzentstehung und -aufrecherhaltung bis hin zur Entwicklung der sog. Schmerzkrankheit sind aufgrund umfangreicher Untersuchungen und Forschungsarbeiten heute gut geklärt. So stehen mittelweile zahlreiche und gut wirksame Mittel zur Behandlung von Schmerzen zur Verfügung, die einzeln oder in Kombination eingesetzt werden können.

Trotz dieser Fortschritte gibt es allerdings auch heute noch Situationen, in denen mit Tabletten oder Infusionen keine ausreichende Schmerzlinderung erzielt werden kann.

Durchblutungsstörungen der Beine oder des Herzens, die aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums der Erkrankung mittels Operation oder Kathetertechniken nicht behandelt werden können, können zu schweren Schmerzen und Wundheilungsstörungen führen. Die Schmerzen sind in solchen Fällen erfahrungsgemäß nicht oder nur unzureichend mit Tabletten zu beherrschen. Für diese Fälle, aber auch in Situationen, in denen die eingenommenen Schmerzmedikamente zu nicht tolerierbaren Nebenwirkungen führen, gibt es seit vielen Jahren alternative Verfahren zur Schmerztherapie, bei denen die Schmerzmittel mittels implantierten programmierbaren Pumpen direkt in den Rückenmarkskanal gegeben werden. Durch die direkte Gabe in den Rückenmarkskanal haben die Medikamente eine vielfach stärkere Wirkung, so dass nur geringe Dosen gegeben werden müssen mit dem Ergebnis einer besseren Wirksamkeit und geringeren Nebenwirkungsrate. Ein anderes Beispiel für die bessere Wirksamkeit von Medikamenteninfusion im Rückenmarkskanal ist der erhöhte und dadurch schmerzhafte Muskeltonus bei neurologischen Erkrankungen etwa der Multiplen Sklerose. Durch die Infusion eines Tonus senkenden Medikamentes nehmen der Tonus und die Schmerzen ab und Beweglichkeit der betroffenen Patienten zu.

Schmerzen aufgrund von Durchblutungsstörung der Beine und des Herzens können mittels Rückenmarkstimulation über eine dort in örtlicher Betäubung implantierter Sonde oft sehr gut gelindert werden. Nicht selten können offene Wunden an den Beinen erst unter der Rückenmarkstimulation zur Abheilung kommen. Dieses Verfahren ist mittlerweile gut untersucht und wurde in den kürzlich veröffentlichten Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher medizinischer Fachgesellschaften empfohlen.

Autor: Dr. med. Hamid Awwad, Oberarzt Klinik für Anästhesieologie im St. Marien-Krankenhaus Siegen
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