Im Herbst des vergangenen Jahres hatte ein 15-jähriges Mädchen mit Typ-1-Diabetes und akuter Unterzuckerung – in der Fachsprache Hypoglykämie genannt – in einer Apotheke um Hilfe gebeten. Der Apotheker weigerte sich, eine Packung Traubenzucker anzubrechen und schickte das Mädchen weg. Der Apotheker, gegen den die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelte, hat sein Verhalten öffentlich bedauert. Das Verfahren steht jetzt offenbar kurz vor der Einstellung, wie Medien berichten.
In einem Blog einer Apothekerzeitschrift bewerteten Leser das Verhalten des Mädchens überwiegend als „Schnorren“. Auch wurden die Eltern und das Mädchen selbst dafür verantwortlich gemacht, dass sich eine Unterzuckerung entwickelte, weil der diabeteskranke Teenager weder Geld noch Nahrungsmittel bei sich hatte.
„Solche Vorwürfe gegenüber Menschen mit Diabetes und Unterzuckerungen sind weit verbreitet und falsch“, klären Diabetologen auch in Siegen-Wittgenstein auf. Sie weisen die Patienten darauf hin, immer Traubenzucker bei sich zu tragen. Trotzdem kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass dieser nicht zur Hand ist und ungewollt eine Unterzuckerung entsteht.
Eine Unterzuckerung kann mit verwirrtem Verhalten und Bewusstseinsminderung einhergehen, was Außenstehende oft falsch einschätzen. Einige halten unterzuckerte Diabetespatienten dann irrtümlich für betrunken.
Hilfe zu leisten ist vergleichsweise einfach. Eine Unterzuckerung kann leicht mit einem gezuckerten Getränk, gezuckerten Nahrungsmitteln oder etwas Traubenzucker behandelt werden. Sollte doch keine Unterzuckerung vorliegen, kann man durch eine einmalige Gabe von Traubenzucker jedenfalls keinen Schaden anrichten. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft rät, jedoch nur bei Verdacht auf Unterzuckerung sofort Zucker zu verabreichen. Es muss lediglich darauf geachtet werden, dass der Patient noch bei Bewusstsein ist. Ist der unterzuckerte Diabetespatient bewusstlos, sollte immer ein Notruf erfolgen.
Der Fall des 15-jährigen Mädchens veranlasst die Fachgesellschaft darauf hinzuweisen, dass Unterzuckerungen in der Regel schicksalhaft entstehen und nicht aus eigenem Verschulden bewusst herbeigeführt werden. Manche Menschen mit Diabetes leiden auch unter Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen, die Unterzuckerung überfällt sie sozusagen ohne Vorwarnung. Unterzuckerungen werden zudem oft verharmlost und in der Bevölkerung allgemein mit Hunger und Müdigkeit verwechselt. Darüber hinaus erhöhen viele Diabetesmedikamente die Unterzuckerungsgefahr.
Quelle:DDG
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