Ärzte des Kreisklinikums nutzen Tag des Schlaganfalls am 10.05.2015, um über innovative Therapieverfahren aufzuklären
Jeder von uns hat in der Verwandtschaft oder unter den Bekannten jemanden, der bereits einen Schlaganfall hatte. Jedes Jahr erleiden allein in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Damit ist der Apoplex oder Insult, wie er von den Medizinern kurz genannt wird, die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für Behinderungen im Erwachsenenalter.
Was aber wird im Krankenhaus getan, wenn der Patient mit einem Schlaganfall eingeliefert wurde? In speziellen Schlaganfall-Spezialstationen, den so genannten „Stroke Units“ wird nach der Erstversorgung durch Neurologen zunächst mittels Computer- oder Kernspintomographie nach den Ursachen des Schlaganfalls gesucht. Dies ist in den meisten Fällen eine Verstopfung der großen Hirnarterien durch ein Blutgerinnsel. Ziel der Ärzte ist die Entfernung der Blockade, in der Regel erfolgt dies mithilfe eines Medikamentes, das in die Vene des Patienten gespritzt wird (medikamentöse Thrombolyse). Bei besonders großen Blutgerinnseln reicht dies jedoch nicht aus, hier muss ein Spezialkatheter eingesetzt werden, der durch die Leistenarterie bis ins Gehirn vorgeschoben wird. Bei rechtzeitigem Einsatz dieser komplizierten Therapieform könnten rund 10.000 Menschen mit einem schweren Schlaganfall jährlich in Deutschland vor dauerhaften Behinderungen und Tod bewahrt werden. Dies zeigen die Ergebnisse von gleich fünf neuen Studien, die in den letzten Wochen in einer der enommiertesten medizinischen Fachzeitschrift, dem New England Journal of Medicine, vorgestellt wurden. Die Studien sind eine wichtige Bestätigung für die Zentren in Deutschland, die diese bis vor kurzem noch als experimentell eingestufte Therapie bereits durchführen. Nach Einschätzung der führenden Gesellschaften, die sich mit diesem Krankheitsbild befassen: der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR), ist es nun erforderlich, die bestehenden Versorgungsstrukturen der akuten Schlaganfallbehandlung hierzulande zu optimieren.
So will man erreichen, dass diese endovaskuläre Therapie mit einem Katheter bestimmten Patienten mit schweren akuten Schlaganfällen zu Gute kommt. Da jedoch nur Patienten mit einem großen Blutgerinnsel in den Hirnarterien möglichst frühzeitig nach Symptombeginn in Frage kommen, kann die aufwändige Therapie nur in spezialisierten Zentren mit Stroke Unit, Neuroradiologie und neurologischer Intensivstation erfolgen, wie es auch im Weidenauer Klinikum der Fall ist.
80 % der Schlaganfälle sind Folge einer plötzlichen Durchblutungsstörung im Gehirn. „Wenn ein großes Blutgerinnsel die Hirnarterien verstopft, dann reicht die medikamentöse Thrombolyse nicht aus, um das ursächliche Blutgerinnsel aufzulösen. Zusätzlich kommen bei uns Katheter zum Einsatz, mit denen wir versuchen, die Verstopfung durch das Blutgerinnsel zu entfernen“, erklärt Professor Dr. med. Martin Grond, Chefarzt der Neurologischen Abteilung am Siegener Kreisklinikum. Mit der Vorstellung der o.g. Studien konnte nun erstmals die Überlegenheit der interventionellen Therapie plus medikamentöser Lyse gegenüber der medikamentösen Lyse allein aufgezeigt werden. „Die Ergebnisse dieser Studien waren für uns sehr wichtig, da wir an diese Therapie schon immer geglaubt haben und sie schon seit Jahren auf unserer Stroke Unit durchführen“ so Professor Dr. Grond. Diese komplexe Schlaganfalltherapie verbessert die Behandlungsergebnisse deutlich. Die Chance der Patienten auf ein günstiges Behandlungsergebnis kann so deutlich gesteigert werden. „Auch wenn diese Behandlung nicht immer alle Behinderungen vermeiden kann, gewinnt doch einer von drei mit dieser Methode behandelten Patienten trotz eines schweren Schlaganfalls seine Unabhängigkeit zurück“, erläutert der Neurologe. Ein Großteil der Patienten war nach drei Monaten im Alltagsleben nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen.
Dieser Erfolg ist jedoch nur unter ganz bestimmten Bedingungen zu erreichen. Der Einsatz bzw. die Therapie muss in den ersten sechs Stunden nach Beginn der Symptome erfolgen. Voraussetzung ist die ständige Verfügbarkeit eines Neuroradiologen, die sichere Ortung des Blutgerinnsels in den Hirnarterien mittels Computertomographie oder Kernspintomographie sowie ein spezielles „Hirnkatheterlabor“. All diese Voraussetzungen werden in der überregionalen zertifizierten Stroke Unit des Weidenauer Kreisklinikums erfüllt.
Info zum Schlaganfall:
Sobald plötzlich einige der folgenden Anzeichen bei einer Person auftreten, sollte umgehend der Notarzt (112) gerufen werden:
- Eine Sehstörung auf einem oder beiden Augen, Gesichtsfeldausfall, Doppelbilder
- Fehlende Wahrnehmung eines Teils der Umwelt oder des eigenen Körpers
- Schwindel, Übelkeit, Erbrechen
- Gangstörung, Gleichgewichts- oder Koordinationsstörung
- Taubheitsgefühl, Lähmung oder Schwäche im Gesicht, in einem Arm, Bein oder einer ganzen Körperhälfte
- Verwirrung, Sprach-, Schrift- oder Verständnisstörung, Wortfindungsstörungen
- stärkster Kopfschmerz ohne erkennbare Ursache bei evtl. entgleistem Blutdruck
- Schluckstörungen
- Orientierungsstörungen
Quelle/Foto:
Kreisklinikum Siegen