Netz stabilisiert Leistenbruch


Dr. Andreas Müller, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, informierte im Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen über schonende Operationstechniken mittels Netz-Verfahren bei Leisten- und Bauchdeckenbrüchen.

Dr. Andreas Müller sprach über schonende Operationstechniken

Siegen. Jährlich erleiden etwa 200 000 Menschen in Deutschland einen Leistenbruch. Vor allem Männer sind aufgrund ihrer Anatomie betroffen. Dass eine Operation meist unumgänglich ist, sie jedoch heutzutage schonend mit einem Netz-Verfahren durchgeführt wird und Betroffene nach kurzer Zeit wieder belastbar sind, erläuterte Dr. Andreas Müller, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, bei einem Vortrag im Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen.

Unter einem Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt, werden keine zersplitterten Knochen verstanden ─ die Rede ist von Bauchwanddefekten. Dabei sackt das Bauchfell, das die innere Bauchwand auskleidet, durch eine entstandene Lücke an der Leiste ab. Teile des Darms (selten auch andere innere Organe) können dann dort hineinragen, von außen ist eine Beule sichtbar. Ein Leistenbruch verschließt sich nicht von selbst und kann dazu führen, dass der Darm im Leistenkanal eingeklemmt und nicht mehr durchblutet wird. „Deshalb ist fast immer eine Operation ratsam“, sagte Müller. Eine Hernie kann angeboren sein oder im Laufe des Lebens entstehen. Ursächlich sind unter anderem eine geschwächte Bauchmuskulatur, ein erweiterter Leistenkanal, das Heben schwerer Gegenstände, starkes Bauchpressen oder eine nachlassende Gewebefestigkeit. Auch nach einer Bauchoperation kann durch Vernarbungen ein Bruch entstehen. Da bei Männern durch die Lage der Samenstranggebilde eine natürliche Schwachstelle im Leistenbereich besteht, sind sie häufiger betroffen als Frauen. Auch nach einer Bauchoperation kann ein Narbenbruch, meist in der Mittellinie, entstehen.

Ist ein chirurgischer Eingriff nötig, sind drei Methoden möglich. Bei einer offenen Operation machen Chirurgen einen äußeren Schnitt in der Leistenregion, öffnen den Bruchsack und schieben den Inhalt zurück an seinen Platz in die Bauchhöhle. Die Bruchlücke und die Bauchdecke werden anschließend mit einer Naht verschlossen, zuvor wird ein Netz mit eingebracht. In den letzten Jahren haben sich jedoch schonendere Techniken, mit nur drei kleinen Hautschnitten, etabliert. Dabei gibt es zwei gleichwertige Verfahren. Experten unterscheiden die Methoden TEP (total extraperitoneale Hernioplastik) und TAPP (transabdominelle präperitoneale Hernioplastik). Bei der TEP-Technik wird über drei kleine Zugänge am Bauchnabel die Bauchwand mit einem Ballon gedehnt. So haben Operateure einen Arbeitsraum, in den sie eine Mini-Kamera und Instrumente einführen, den Bruch zurückdrücken und ihn mit einem hauchdünnen Kunststoffnetz abdecken. Dieses wird zwischen Bauchfell und Muskulatur positioniert und muss nicht befestigt werden. Indessen bildet körpereigenes Gewebe durch das Netz eine feste Barriere, die die Bauchwand verstärkt und die Bruchlücke spannungsfrei verschließt. Das Implantat ist gut verträglich und löst sich mit der Zeit teilweise bis komplett auf. Bei einer Operation ohne Netz, wird die gerissene Bauchdecke lediglich zusammengenäht. „Folglich spannt sich die Bauchdecke an, was oft schmerzhaft ist“, erklärte der Chirurg. Auch beim TAPP-Verfahren werden kleine Hautschnitte vorgenommen, der Bauchraum mit CO2-Gas aufgefüllt und ebenfalls ein selbsthaftendes Kunststoffnetz platziert. Bei beiden Techniken, die innerhalb von 30 Minuten durchgeführt werden, können Patienten nach ein bis zwei Tagen das Krankenhaus verlassen. Welche Methode angewandt wird, hängt von der jeweiligen Patientensituation und der Bruchgröße ab. Bauchdeckenbrüche nach Operationen oder auch Nabelbrüche können ebenso mit der Kameratechnik behandelt werden. Dann wird dann ein Netz eingebracht, welches mit Klammern fixiert wird, welche nach etwa sechs Monaten von selbst auflösen.

 

Quelle/Foto. Diakonie

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